Mittwoch, 25. Februar 2009

25.2.09, Delhi Flughafen, 3:00

Ich rolle mich so gut es geht auf einem Stuhl zusammen, der nicht fuer meine Groesse gedacht ist, die Fuesse auf meinem Rucksack, der Kopf im Versuch zu schlafen nach vorne gefallen. Neben mir verdaut eine amerikanische Reisegruppe ihren Jetlag, ein mittelaltes Ehepaar aus Las Vegas auf dem Weg zu einer Kreuzfahrt, er mit schlecht sitzendem Toupe, sie in einer bunt gemusterten Bluse von der Groesse meines Schlafsacks. Eine muetterliche Krankenschwester aus Texas und Bob aus Jamaika, der ihr gerade eroeffnet dass die Regierung alle ihre Emails mitliesst.

Mein Plan war die Nacht im Schlafsaal des Flughafens zu verbringen um morgen frueh um 7 problemlos meinen Flieger nach Kolkata zu erwischen...Fehler Nr. 1.
Der Schlafsaal ist zwar offen und mein reserviertes Bett frei, um dorthin zu gelangen muss ich allerdings durch den ersten Sicherheitscheck und der macht erst wieder um 3:00 auf. Also jetzt oder in indischer Zeit irgendwann. Um 4:17 werde ich schliesslich durchsucht, muss meinen Ausweis, Visum und Ticket vorzeigen...doch mein Bett bleibt mir vorenthalten...'No, sir, no bag allowed here, first check in'...und fruehster Check In fuer meinen Flug ist 5:00 oder in indischer Zeit irgendwann wenn der Schalter besetzt ist.
Um 6:00 ist das noch nicht geschehen, dafuer aber mein Flug auf 9:20 verschoben worden...der Schalter bleibt bis 7:30 geschlossen. Jetzt brauch ich auch kein Bett mehr.

Kommen wir zu Fehler Nr. 2, der kleine Mitternachtssnack am Flughafen. Ab ca. 5:00 fuehle ich mich zunehmend furchtbar, der Magen mindestens 3x um die eigene Achse rotiert und ab ca. 6:00 weiss ich dass es damit heute kein appetitliches Ende mehr nehmen wird.
Um 7:31 stehe ich in der kuerzesten Schlange vorm Check In Schalter und konzentriere mich nur auf meine Atmung, einatmen, ausatmen, bloss nicht pressen oder an Essen denken.
Vor mir steht lediglich ein aelterer, indischer Herr und eine Gruppe chinesischer Jugendlicher...und die freundliche Dame am Schalter laesst gerade einen Uebersetzer kommen, da es keine gemeinsame sprachliche Basis zu geben scheint, dafuer aber einige schwerwiegende, administrative Probleme.
Ich habe so langsam Schweisstropfen auf der Stirn.

Nach einigen endlosen Momenten, ruecke ich einen Platz in der Schlange nach vorne, der aeltere Herr vor mir zeigt sein Ticket und gibt sein Gepaeck auf. Ich atme auf und greife nach meinem Rucksack. Nur noch ein paar kurze Wortwechsel von denen ich nichts verstehe, dann waere ich an der Reihe, doch die Lautstaerke des Wortwechsels hat eine beunruhigende Lautstaerke angenommen. Der aeltere Herr schlaegt mit der flachen Hand auf den Tresen und irgendwann stehen 3 Flughafenangestelte um ihn herum und versuchen ihn zu beruhigen...von mir nimmt keiner Notiz, auch nicht davon das ich so langsam komplett durchgeschwitzt bin und von einem Fuss auf den anderen wippe. Einatmen, ausatmen, bloss nicht an Essen denken.
Als ich endlich an der Reihe bin presse ich ein 'please, hurry' zwischen den Zaehnen hindurch, gebe hastig mein Gepaeck ab und eile zur Toilette.

Als ich die Tuer zur Toilette oeffne stehen im Vorraum vor den 3 Urinalen etwa 9 japanische Geschaeftsleute, alle im gleichen dunklen Anzug, die Aktentasche unter den Arm geklemmt und in hoefliche Gespraeche vertieft.
2 Toilettenkabinen sind verschlossen und 'out of order' vor den anderen 2 hat sich eine lange Schlange gebildet. Ich muss fast weinen als ich mich in ebenjene Schlange einreihe. Nach endlosen Minuten hilft alle antrainierte Contenance, das Einatmen und das Ausatmen und die beruhigenden Gedanken nichts mehr. Die japanische Delegation hat inzwischen die Waschbecken eingenommen und ich draenge mich zwischen Anzuegen, Acktentaschen und verdutzten Gesichtern hindurch zu einem der Waschbecken. Den letzten Japaner schiebe ich unsanft zur Seite und dann uebergebe ich mich minutenlang in eines der Waschbecken...im Raum ist es totenstill. Ich schaue in den Spiegel ueber mir und erschrecke, ich sehe aus wie ein Junkie auf Entzug...aber es geht mir sofort besser.
Ich verlasse die Toilette mit gesenktem Kopf, entschuldige mich tausendmal.
Draussen schlaegt mir einer der Japanar auf die Schulter, die Aktentasche immer noch unter den Arm geklemmt, laechelt mich mitleidig an und fragt 'feeling better now?' Ich laechle auch, doch bevor ich mich ein weiteres mal entschuldigen kann hat er sich schon umgedreht und auf den Weg zum Gate gemacht.

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